Rippers

13-The Crucible

Bulk

Der Tag hätte kaum langweiliger anfangen können. Noch immer nicht viel zu tun, verbrachte Bulk den Vormittag mit der Zeitungslektüre, über der er irgendwann einnickte. Ein Klopfen an der Tür weckte Bulk aus seinem nachmittäglichen dösen. Als er den Sichtschlitz öffnete, erkannte er die Gestalt von Dr. Chapman im Flur. Er öffnete die Tür und ließ den Arzt, ein alter Bekannter von ihm, herein.

'Ah, Dr. Chapman. Was gibts?'

'Ein Problem', sagte der Arzt nur, und leerte einen Sack auf den Boden. Bulk hielt beim schliessen der Tür inne, denn der Anblick der sich ihm bot war wirklich äußerst seltsam: Aus dem Sack fielen drei Puppen, vielleicht einen halben Meter hoch. Eine davon schien einen Priester oder so etwas darzustellen, eine weitere einen in Leder gekleideten Desperado und die Dritte, nach Alkohol riechende, einen breitschultrigen Mann. Und was das seltsamste war: Die Puppen lebten! Sie bewegten sich und zeterten herum.

Nachdem er sich und dem Arzt ein Glas Gin eingegossen und Tür wieder verschlossen hatte, erfuhr Bulk nach und nach den Hintergrund dieser skurrilen Aufwartung. Endlich bot sich ihm eine gute Chance, bei den Rippern Fuß zu fassen: Fast die gesamte Lodge war momentan in Puppen verwandelt, daher brauchten sie ihn um den Aufenthaltsort der Hexe zu ermitteln. Bulk willigte ein, und mit einer üppigen Anzahlung ausgestattet machte er sich auf die Suche.

Drei Tage später machte er bei der Dashwood Lodge seine Aufwartung. Seine Suche hatte ein Ergebnis, nur leider kein besonders erfreuliches: Die Hexe war definitiv nicht mehr in London. Es bestand jedoch Hoffnung, das sie zumindest in der Nähe Londons war - nur dass dies nichtmehr Bulks Spezialgebiet war. Zusammen mit den anderen - immer noch in Puppenform - besuchten sie die London Lodge, wo angeblich eine Menge Experten auf dem Gebiet der Hexenjagd anzutreffen waren. Dort erfuhren sie schnell, dass einer der größten Experten - ein Mister Serious Chapel - offensichtlich vor kurzem Verschwunden war, Gerüchten über seltsame Lichter bei einer Farm nahe einem Dorf vor London nachgehend. Da sie keine weiteren Anhaltspunkte hatten, beschlossen sie, ihre Suche dort zu beginnen, auch wenn Mr. Blackwell - der Priester - sich sicher war. dass die Hexe dort nicht zu finden sein würde.

Im Dorf angekommen, fand Bulk noch am selben Abend bei Gesprächen mit den Dorfbewohnern heraus, das sie offensichtlich einen Glückstreffer gelandet hatten: Nicht nur Serious Chapel, nein, auch die gesuchte Hexe war in der Nähe besagter Farm gesehen worden, über die man sich allerlei seltsame Dinge erzählte. Noch in derselben Nacht brachen sie auf, und Bulk war froh dass er noch kurz vor der Abreise von seiner Anzahlung ein modernes Lee-Metford mitsamt Bayonet erstanden hatte - irgendwie hatte er das Gefühl, dass er heute nacht noch einmal darauf zurückgreifen müssen würde.

Nach einen Weile Beobachtung - Blackwell und Granger waren vorgeschlichen, ihre Puppenform nutzend um ungesehen zu bleiben - wurde ihnen klar, dass die Hexen ein seltsames Ritual planten, in dessen Verlauf Serious Chapel geopfert werden sollte. Als sie sich gerade an das Haus angeschlichen hatten, wurden sie von einem seltsamen Hund bemerkt - und dann herrschte Chaos. Der Hund sprang auf sie los und verbiß sich in Bulks Ledermantel - nur um dann von einer Welle weißen Lichts zurückgeworfen zu werden, die von Blackwell ausging. Bulk zögerte nicht lang und nutzte die Gelegenheit, um sein Bayonet bis zum Anschlag in den Hals des Angreifers zu treiben. Dieser löste sich einfach auf...
Nur Augenblicke später zerstieb die Wand neben ihm und ein schwarzer Koloss mit rotglühenden Augen stürmte hinaus, wild um sich schlagend. Was immer das Wesen war, es zermatschte die Colepuppe und verwüstete Granger, ohne dass die beständigen Gegenangriffe der beiden verbliebenden Puppen ihm etwas anhaben konnten. Bulk war indessen damit beschäftigt, sich des nahezu konstanten Stroms schwarzer Geschosse zu erwehren, mit dem ihn die Hexen überzogen. Er verärgerte das höllische Wesen mit ein paar unbedachten Worten und wandte sich dann kurz einer der Hexen zu, um sie zu provozieren und in den Nahkampf zu locken. Noch bevor sie reagierte, wurden sie alle von einer schwarzen Wolke eingehüllt, die eine der anderen Hexen ihnen entgegengeschleudert hatte, und als Bulk seine Sinne wiedergewann, lag ihr großer Gegner tot am Boden.
Bevor ihm klar wurde, dass der letzte Angriff ihrer Gegner sie wahrscheinlich gerettet hatte, stach die andere Hexe mit einem in Schatten gehüllten Dolch nach ihm - doch Bulks Masse fing den Schlag ab, und er rief der Hexe ein paar verächtliche Worte entgegen. Diese trugen Wirkung, denn die Hexe zuckte zusammen und wich ein wenig zurück - gerade genug, um Bulk Platz für einen Stich mit dem Bayonet zu geben, der seine Gegnerin zu Boden warf. Nachsetzend drückte er die Klinge immer tiefer in das alte Weib, bis er sicher sein konnte, dass sie tot war. Als er sich dem Haus zuwendete, stellte er fest, dass Blackwell innen bereits gründlich aufgeräumt hatte und ihr Ziel bewußtlos am Boden lag.

Der Rest war einfach: Sie nahmen die gefangene Hexe mit und zwangen sie indem sie die Kinderpuppen bedrohten dazu, die Ripper wieder in Menschen zu verwandeln. Dann ging Bulk erschöpft zu Bett, die Hexe im Keller gefesselt zurücklassen, das Problem mit den Kindern auf einen anderen Tag verschiebend. Als er am Morgen erwachte, hatte sich das Problem ohnehin gelöst: Dr. Chapman hatte die Hexe gezwungen, alle Kinder zurückzuverwandeln und die alte Frau anschließend zerlegt, offensichtlich um Utensilien für Rippertech zu bekommen. Noch besser war, dass ihm Lady Dashwood anbot, bei der Lodge einzusteigen. Bulk lächelte. Der Tag hätte kaum besser anfangen können.

Auszüge aus dem Brieftagebuch von Georgina Granger:

Liebster Finn,

ausgerechnet jetzt musste mir dies widerfahren. Robert hat geschrieben, es gibt Hinweise auf dieses Ungetüm, welches Dich aus meinem, und Megans; Leben gerissen hat. Diese Ausgeburt der Hölle, ach hätte sie mich doch ebenfalls hinfort genommen. Aber so brennend es mich auch nach Schottland zieht, um Seite an Seite mit Robert und Harry gegen dieses Vieh vorzugehen, in meiner momentanen Gestalt richte ich nichts dagegen aus. Also muß ich mich zu aller erst um darum kümmern nicht mehr als Puppe durchs Leben zu gehen. Um dieses Problem zu lösen hat Dr. Chapman, Lady Dashwoods neuer Arzt, einen alten Bekannten von sich ins Spiel gebracht: Charles Bucksworth, ein Privatdetektiv. Er selbst nennt sich „Bulk“, wenn Du ihn sehen könntest, brächte ich keine Zeile der Erklärung. Er versucht offenbar schon geraume Zeit Mitglied bei den Rippern zu werden und sieht hier seine Chance. Na ja, wenn er helfen kann, soll es mir Recht sein.

Nach der ersten Begegnung mit Bulk waren 3 Tage vergangen, dann kam er mit ersten Ergebnissen. Wir haben dadurch einen Hinweis auf den Aufenthaltsort der Hexe, welcher wir- ich schrieb dir doch, dass es außer mir noch William und Cole erwischt hat? – unser Puppendasein verdanken. Außerdem haben wir Kenntnis darüber erlangt, dass Serious Chapell, ein Hexenexperte der Londoner Lodge in der Gegend verschollen ist. Wir können ja vielleicht zwei Fliegen mit nur einer Klappe schlagen.

Unsere Reise in dieses Dorf, nicht weit von London, ist beschwerlich, wie alles seit ich nur noch einen knappen halben Meter groß bin. Aber es hat sich ausgezahlt. Wir konnten das Farmhaus ausfindig machen, in welchem sich die Hexe und ihre Brut zu weiteren diabolischen Ritualen zurück gezogen hatten. Beim Scouten war mir meine Puppengestalt noch von Vorteil, aber im Kampf muß ich zu meiner Schmach eingestehen, konnte ich nicht viel ausrichten. Mein triumphales Abschneiden gegen die Vampire letztens war offenbar ein Glückstreffer. Dank ihrer eigenen Dummheit, denn eine der Hexen hat mit ihrem Zauber ihre eigene Kreatur erledigt und natürlich der tatkräftigen Hilfe von Bulk, konnten wir die Brut sprichwörtlich ausräuchern. Die Bilanz: 2 Höllenhunde, 2 Golemartige und 2 Hexen vernichtet. Die Hexe die unsere Puppenform zu verantworten hat gefangen und Serious Chapell gerettet. Cole, den alten Säufer, haben wir leider verloren. Ich hätte dabei beinahe meinen rechten Arm verloren, er hing nur noch an wenigen Nähten und mein Füllmaterial quillte bereits hervor. Es war so demütigend. Zurück in London konnten wir die Hexe dann dazu bewegen, nun ich will das Wort Folter nicht überstrapazieren, aber ich bin nun keine Puppe mehr. Ebenso William. Wir befinden uns am Weg der Genesung und bald auf dem Weg nach Edinburgh.

Für immer Deine Georgina