Lylys Tagebuch: Das Geheimnis der zwei Gilden
Liebes Tagebuch,
Es freut mich, dass du dich mir anvertraut hast. In diesem Tempel muss dir ja zum erbrechen langweilig sein! Aber nun habe ich dich ja... ähm... "gefunden" und von nun an darfst du mich auf meinen Reisen begleiten! Ich verspreche dir, ich werde nur interessante Dinge in dich reinschreiben und dir somit ein Leben als Phrasenhalter dieser Tempeldiener ersparen!
Nun haben wir dieses verfluchte Meer also endlich hinter uns gelassen (so wie ich meine Mahlzeiten während der Überfahrt...) und in der Stadt Achelia angekommen! Welch ein Paradies! Riesengroße Häuser aus Stein! Am Eingang der Bucht eine gewaltige Steinstatue! Gepflasterte Straßen! Diese Stadt ist wahrlich steinreich! Die Bevölkerung zeigt sich gerne in prunkvollen Kleidern und aufwändig geschminkt, und das beste an allem: weit und breit keine Stadtwache! Nicht eine! Ich musste mich ordentlich am Riemen reißen um meinem König nicht gleich Ärger ein zu handeln! Das könnte ich nicht verantworten, immerhin habe ich es um einiges leichter, wenn ich mich in seiner Gesellschaft aufhalte. Diese bequemen Unterkünfte in diesem Tempel des Priamon hätte ich, wäre ich alleine Unterwegs, selbst bezahlen müssen, aber unser König kann echt gut mit Menschen umgehen, denn nun sind wir sogar gratis hier untergekommen...
Aber eine gratis Unterkunft bekommen zu haben ist bei weitem nicht das Einzige was uns in den letzten Tagen passiert ist: Die Suche nach Braktor führte uns zur hier ansässigen Kriegergilde. Meines Erachtens ein unfähiger Haufen grobschlächtiger Prahler! "Ja, einen Braktor haben wir... Im Kerker, weil er bei uns einbrechen wollte! Klar könnt ihr mit ihm reden, wenn ihr bei einem Duell gegen unseren besten Mann gewinnt! Bis zum ersten Blut soll es gehen!" Sprachen sie großspurig. Einen einzigen Streich benötigte Sir Hendrik und schon war es wieder vorbei. Hätte jemand in dem Moment niesen müssen als beide Schwerter gezogen wurden, er hätte das Duell verpasst. Walder, der Anführer dieses unfähigen Haufens, lies Sir Hendrik den Lehrmeistern der Gilde ein paar Kniffe bei-, und uns zu Braktor auf ein Zwiegespräch hin bringen. Auch hier zeigte unser König feingefühl, denn er überzeugte Walder davon, dass wir die Befragung Braktors in Ruhe vornehmen konnten, und wo hat man mehr davon als in den wunderbar duftenden Waschzubern eines Badehauses, in dem schöne Grazien regelmäßig warmes Wasser nachgiesen kommen, und einem der Rücken geschrubbt wird? Ja, ich kann mir wahrlich schlimmeres vorstellen als unserem König zu folgen...
Nun, wie dem auch sei. Braktor berichtete uns, dass er, genau wie Teo, ausgesandt wurden, um dafür Sorge zu tragen, dass der Feind, der uns im Norden solch große Probleme bereitet, frühzeitig erkannt und bekämpft werden kann. Denn es ist nicht das erste mal, dass die Anhänger von Rakano unter der Führung von Alhandra versuchten gewaltsam an die Macht zu kommen. Beim letzten Aufstand konnten sie zurückgeschlagen werden, nun aber scheinen sie an Macht gewonnen zu haben, und sie zurück zu schlagen wird um einiges schwieriger werden. Die Unterstützung der Schattengänger Gilde könnten wir uns wohl erbeten, allerdings müssten wir dazu mit deren Anführer reden, und um zu diesem vorgelassen zu werden seien drei Prüfungen zu bestehen. Die Kriegergilde wollte den Kopf der Schattengänger auch haben, und uns wurde auch angetragen, diesen mit oder ohne dem restlichen Körper zu Waldor zu bringen, aber einen Verbündeten gegen die Horden von Alhandra schien uns doch weitaus vernünftiger als diesen unfähigen Prügelknaben dabei zu helfen ihr Gesicht zu wahren.
Ich sage dir, liebes Tagebuch, allein an den Prüfungen sieht man schon, dass diese Gilde aus ganz anderem Holz geschnitzt ist! 20 speziell geprägte Goldmünzen sind ihnen "abhanden gekommen", und sie hätten diese gerne wieder. Unser König sah darin kein Problem, er wollte gleich am nächsten Tag mit dem Herrn, in dessen Besitz die Münzen nun zu sein schienen, sprechen. Ich dachte mir es kann nicht schaden, wenn ich mir mal so ansehe, wie dieser Herr so haust, um einschätzen zu können aus welchen Holz dieser geschnitzt zu sein scheint. Ich spazier folglich gemütlich an dessen Haus vorbei (einen Tag lang) und bemerke, dass dieser am frühen Abend sein Haus verlässt. Ich dachte mir: ach... beende ich meinen Spaziergang mal, er ist ja schon nicht mehr zu Hause... Da stolpere ich doch über seine Gattin, welche auch aus dem Hause eilt. Ja, was soll ich sagen? Bevor ich ihr hinterher rufen kann, dass es in Zeiten wie diesen wohl klüger wäre, auf die Münzen mit der Spezialprägung und ihre äußerst wertvollen Stoffe, die da völlig schutzlos, quasi auf offener Straße (also in ihrem versperrten Haus in den schweren Truhen mit dem Vorhängeschlössern), herumliegen, persönlich acht zu geben, war sie schon entschwunden! Da konnte ich nicht umhin, mich mit edelsten Absichten als Beschützer der Wertgegenstände anzubieten, und habe sogleich die Münzen und so viele Stoffe wie ich nur tragen konnte in Sicherheit gebracht! Die Stoffballen wurden mir dann, so muss ich leider zugeben, doch zu schwer, weshalb ich sie bei einem Schneider untergebracht habe. Dieser gab mir ein paar Goldmünzen als Pfand, damit ich mir sicher sein kann, dass er gut auf die Stoffe acht geben wird. Ein netter Herr, finde ich...
Die zweite Prüfung bestand darin ein paar rüpelhafte Räuber aus dem Verkehr zu ziehen. Diese machten mit ihrer unmöglichen Art keinen Guten Eindruck auf Reisende, und dies schädigt die Tourismusbranche, und das will ja wohl niemand. Zudem befanden sich besagte Unholde ebenfalls im Besitz einiger Münzen mit dieser Spezialprägung, und da kann man das nützliche mit dem Angenehmen gleich verbinden. Nun, diese Leute waren, wie wir erwartet hatten, eher Wortkarg. Sprachen kein Wort mit uns, zeigten uns sofort, kleinen Kindern gleich, ihre Spielzeuge, und waren beleidigt, dass wir diese nicht über den grünen Klee gelobt hatten. Uns wurde das schnell zu dumm, und nach einer relativ kurzen Meinungsverschiedenheit machten wir uns wieder auf den Weg in die Stadt, die Spielzeuge und deren Besitzer liesen wir liegen, vielleicht freut sich jetzt jemand anderes darüber.
Zu guter Letzt war da noch dieser Minotaur, der offenbar jemanden gefressen haben musste, der im Besitz solcher Münzen war. Eine Druidin führte uns an den Ort, wo er hauste (höhlte würde es wohl eher treffen, jedoch verbietet es mir die Etikette abfällig über Kühe auf zwei Beinen mit einem gestörten Emotionshaushalt zu sprechen...). König Haakon wollte dem Minotaur Vernunft einbläuen, allerdings erreichten wir dieses Ziel nicht mit Wortgewalt, sondern nur mit Stahl und Magie. Aber wir wollen nicht kleinlich sein, schließlich ist der Weg das Ziel, und nun ist er ja weg, der Minotaur, und wir somit am Ziel...
Also noch nicht ganz, mit den erworbenen Münzen durften wir nun an einem Ritual der Schattengänger Teil nehmen. Kurz vor Mitternacht fanden wir uns, in erheiterter Stimmung (wegen der Feier nach dem Sieg über den Minotauren), bei einem Ritual der Schattengänger ein, bei der wir der Gilde offiziell beitraten und somit zum obersten Obersten der Oberen der Gilde vorgelassen wurden. Wir waren überrascht Walder, ja, genau, den Kriegsgilden-Walder, als diesen besagten Obersten vorzufinden (allerdings erklärt dies die Unfähigkeit der Kriegergilde...). Walder gab sich erstaunt, denn er hat uns nicht zugetraut die Prüfungen zu bestehen, aber er sicherte uns die Unterstützung der Schattengänger und der Kriegergilde zu, und meinte zudem, dass das alleine nicht reichen würde. Aber gen Westen könnten wir weitere Hilfe erhalten, und am besten sei es, wenn wir die Hellseherin am Berg aufsuchen würden, die kann uns sicher verraten, wie wir am besten vorgehen sollen, wenn wir das westliche Nomadenvolk als Freund gewinnen wollen.
Nun denn, schlaf gut, liebes Tagebuch, morgen machen wir uns an den Aufstieg zu dieser Hellseherin.
P.S.: Diese vergoldete Feder schreibt übrigens vortrefflich. Die netten Tempelmenschen haben sie sicher als Souvenir angedacht, die werde ich gleich mit dir mit einpacken, nicht dass ich sie morgen in der Früh noch vergesse...