AdelVerpflichtet

Alasdair Ärgert Sich Über Ein Nächtliches Spektakel

Lautes Geschrei durchschneidet die Nacht. "Alles Deine Schuld, Du blöder Faulzahn! Du weißt ja nicht mal wo bei der Axt vorne ist!"

"Du wolltest Doch bei der Hexe anheuern, Du Sohn eines Troglodyten!"

"Hör auf unseren Vater zu beleidigen. Gnom auf Stelzen, Du!"

"Was? Unseren Vater? Wir wissen doch gar nicht mal ob er überhaupt Deiner ist! Kakerlake!"

"GRAAaaah! Ich schneide Dich in Stücke!"

"Hah! Ein nasses Küken ist doch schärfer als Dein Schwert!"

Die zwei Orks stürzen sich kreischend auf einander, die Waffen wild schwingend. Nach einem kurzen, aber heftigen Kampf bricht einer mit einer Axt in seinem Brustkorb röchelnd zusammen. Der andere schleift sich zum nächsten Baum, lehnt sich dagegen und fällt in Ohnmacht.

"Huh.", sagt Alasdair überrascht. "Dieses Mal hat der andere wieder gewonnen."

"Uhum.", die Koboldin.

"Vier zu drei, so scheint es." Alasdair streicht sich über den Bart.

"Yep."

"Sie haben immer noch keine Ahnung, was mit ihnen los ist, oder?"

"Nope."

Alasdair seufzt. "Ok. Es dauert vielleicht so eine halbe Stunde bis die wieder kommen. Ich versuche noch etwas zu schlafen." Er wickelt sich wieder in seine Decke.

"Oh, Lördchen. Ich glaube nicht.", sagt die Koboldin spöttisch.

"Lördchen? Wie bitte?"

"Ein echter Lord bist Du ja scheinbar nicht. Jetzt wo Dein Sohn das Zepter in den Händen hat."

Alasdair läuft rot an, kann sich aber noch zusammen reißen. "Gute Nacht!", bellt Alasdair.

"Wie gesagt, wir haben noch einiges zu besprechen.", sagt die Koboldin mit einem Lächeln im Gesicht.

"Hmpf. Nicht jetzt."

"Doch jetzt."

"Du kannst mich doch nicht zwingen. GUTE NACHT!"

"Wusstest Du, dass man mit Grashalmen Musik machen kann?" Sie rupft einen Halm aus dem Boden.

"Mirdochegal", grummelt Alasdair und dreht sich um.

"FRIIIIEP! FLRÄÄÄÖÖÖÖÖÖHHT!", trötet ihr Grashalm.

Mit Wut im Gesicht zückt Alasdair seinen Hammer, schwingt durch sie hindurch und gräbt eine Kuhle in den Boden. Der Hammer bleibt stecken.

"Na, wer macht denn so etwas?", kichert die Koboldin. "Wir wissen doch, dass das nicht funktioniert."

"Vater? Alles in Ordnung?" Glenn, der gerade Wache hält, dreht sich zu ihm um.

"Ja ja, ich, äh, poliere gerade meinen Hammer." Alasdair putzt den schon blanken Hammerkopf.

"Mitten in der Nacht? Redest Du wieder mit Dir selbst?"

"Nein. Ja.", stammelt Alasdair. "Nichts worüber Du Dir Sorgen machen müsstest."

"Hm. Wenn Du meinst.", sagt Glenn skeptisch und starrt wieder in die Nacht.

"Gut." Sagt Alasdair nun leise zur Koboldin. Er schluckt noch ein Mal und stützt sich auf den Knauf seines Hammers. "So sei es dann. Ich gebe auf. Rede."

Sie denkt kurz nach. "Wann hast Du das letzte Mal gehungert?"

"Heute Abend hat mir schon sehr der Bauch geknurrt. Der dämliche Korb hat wieder nur Kartoffeln ausgespuckt. Und für Dich ist es immer noch "Sie", bitte."

"Nein, ich meine richtig gehungert. Zwei Wochen ohne Essen? Eine vielleicht?"

Alasdair bleibt still.

"Der Korb gibt Euch täglich Essen und Du beschwerst Dich immer noch. Es wird wirklich Zeit, dass Du auf den Boden der Tatsachen zurück kommst." Die Koboldin schüttelt den Kopf. "Ihr Adelsfuzzies seid so weit weg vom echten Leben. Weltfremd."

"Weltfremd? Ich?" fragt Alasdair. "Wie groß ist Deine Familie? Wie viele Mäuler musst Du stopfen? Wer ist alles von Dir abhängig?" Alasdair stockt kurz. "Abhängig gewesen. Entschuldigung."

"Mann und drei Kinder.", sagt sie stolz. "Und wir versorgten meine Tante mit Futter."

"Weißt Du wie es ist, wenn dreihundert Mägen gefüllt werden wollen? Dreihundert Leben vor Krieg beschützt werden wollen?"

Nun ist die Koboldin für eine Weile still.

"Ich muss mich nicht nur um meine Familie kümmern. Das ganze Dorf geht gerade vor die Hunde, wenn wir diesen Fluch nicht brechen können. Viele Menschen sind schon gestorben, unter meiner Verantwortung. Das...", Alasdair schluckt kurz, und fährt gebrochen fort, "das ist sehr viel auf meinen Schultern."

"Hey.", sagt die Koboldin verlegen. "Danke, dass wir darüber reden. Ich heiße übrigens Tilge."


Etwas entfernt schaut ein alter Mann den beiden zu und lächelt. Das lief ja besser als erwartet. "Oh, sie kommen wieder!", sagt er plötzlich zu dem Zwerg, der neben ihm sitzt. "Vier Gold, dass der hässliche Ork gewinnt."

Der Zwerg schaut sich die beiden verwirrt an. "Wen von den beiden meinst Du jetzt?"

"Den mit der Axt."

"Ok, vier Gold dagegen."

Und dann geht das Geschrei wieder los.